Welche Menge an Treibhausgasen wird Brandenburg insgesamt noch ausstoßen? Der Klimaplan muss eine Antwort liefern!
Appell an Ministerpräsident Dietmar Woidke, Umweltminister Axel Vogel und die Mitglieder der Landesregierung
Sehr geehrter Ministerpräsident Woidke, sehr geehrter Minister Vogel, sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung,
im Koalitionsvertrag (2019) haben Sie die Erstellung eines Klimaplans für Brandenburg vereinbart. Vielen Dank, dass Sie uns nun als Stakeholder in die Erarbeitung einbeziehen. Nach Sichtung des Zwischengutachtens (i) zum Klimaplan und der Teilnahme an der ersten Stakeholder-Dialog-Runde als Teil des Beteiligungsprozesses, wenden wir uns mit dringenden und wichtigen Anliegen an Sie:
1. Bisher bleibt die Menge an Treibhausgasen, die Brandenburg bis zur Klimaneutralität 2045 insgesamt noch ausstoßen wird, unberechnet. Legen Sie im Klimaplan die Menge an Treibhausgasen fest, die Brandenburg bis zur Klimaneutralität 2045 insgesamt noch maximal ausstoßen wird!
2. Diese Menge an Restemissionen muss in einem Klimaschutzgesetz verankert werden.
Warum ist es notwendig die Menge an Restemissionen für Brandenburg festzulegen?
Die Klimawissenschaft ist sich einig: „Wenn der Gehalt von Treibhausgasen in der Atmosphäre ansteigt, führt dies zur Erwärmung der Erdatmosphäre und somit zum Klimawandel“ (UBA (ii)). Es gibt also einen direkten Zusammenhang zwischen der Menge unserer Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) und der Erderwärmung. Deshalb hat der Weltklimarat (IPCC) im Jahr 2021 globale CO2-Restbudgets (iii) für bestimmte Temperaturgrenzen berechnet und der Weltgemeinschaft globale Emissionsgrenzen an die Hand gegeben. Ab dem 1.1.2020 (iv) haben wir demnach global noch folgende CO2-Restbudgets, um die entsprechenden Temperaturgrenzen (mit gewissen Wahrscheinlichkeiten) nicht zu überschreiten:
Tabelle 1: Globale CO2-Restbudgets laut IPCC III AR 6 (2020): (SPM, S. 38)
Die Aussage des Weltklimarates ist: Wenn wir (global) die Erwärmung begrenzen und damit katastrophale Auswirkungen der Klimakrise vermeiden wollen, dürfen wir die beschriebenen konkreten Emissionsmengen nicht überschreiten.
Daraus folgt, dass auch im brandenburgischen Klimaplan eine konkrete Gesamtmenge an geplanten Restemissionen festgehalten werden muss. Nur so kann eine Aussage darüber getroffen werden, ob die Zielstellung aus dem Brandenburger Landtagsbeschluss vom 17.06.2020 (vi): „die globale Temperaturerhöhung im Vergleich zum vorindustriellen Niveau auf höchstens 1,5 Grad zu begrenzen“, mit dem Klimaplan eingehalten werden kann.
Minister Vogel, Sie haben dies bereits bei der öffentlichen Auftaktveranstaltung zum Klimaplan (vii) am 25. Juni 2021 selbst formuliert: Das Bundesverfassungsgericht hat „im Prinzip ein Grundrecht auf Klimaschutz als ein Freiheitsrecht definiert. Das heißt, dass diese Generation die notwendigen Einsparungen nicht auf die nächsten Generationen verlagern kann, sondern dass wir bereits gefordert sind, die notwendigen Einsparungen vorzunehmen. Dabei ist das verfügbare Kohlendioxid-Budget der Maßstab. Auch dies ist eine wesentliche neue Aussage des Bundesverfassungsgerichts, um die Zielsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens erfüllen zu können.“ Diese Einschätzung teilen wir vollumfänglich und fordern alle weiteren Beteiligten dazu auf, in diesem Sinne im Klimaplan ein verbleibendes Kohlendioxid-Budget als Maßstab zu formulieren.
Wie kann die Menge an Treibhausgasen, die Brandenburg insgesamt noch laut Klimaplan ausstoßen wird, berechnet werden?
Aktuell haben Sie für Brandenburg das Ziel gesetzt, dass das Land bis spätestens 2045 klimaneutral leben und wirtschaften soll. Der Klimaplan wird nun ausgehend vom aktuellen Emissionsniveau mit Hilfe von Zwischenzielen für 2030 und 2040 einen Pfad aufzeigen, wie dieses Ziel erreicht werden kann.
Aus diesem Pfad lässt sich dann die Menge an Treibhausgasen berechnen, die Brandenburg laut Klimaplan insgesamt noch plant auszustoßen: Es handelt sich um die Summe aller geplanten jährlichen Emissionen bis zur Klimaneutralität 2045.
Bitte lassen Sie diese geplante Emissionsmenge berechnen und nehmen Sie diese Zahl in den Klimaplan auf!
Durch die Erarbeitung des Klimaplans gehen Sie einen ersten wichtigen und richtigen Schritt, sich der Verantwortung für Klimaschutz zu stellen. Aufgrund des Angriffskrieges Russlands gibt es Stimmen, die ein Verschieben der Klimaschutzziele fordern. Doch ein ungebremstes Voranschreiten der Klimakrise mit ihren katastrophalen Folgen stellt die Menschheit vor viele weitere sicherheitspolitische Herausforderungen. Es ist also gerade jetzt wichtig, den Klimaschutz ernsthaft voranzutreiben.
Dazu braucht es aber die Festschreibung eines verbindlichen Treibhausgas- bzw. CO2-Budgets für Brandenburg. Nur so können Sie ehrlich aufzeigen, ob der Brandenburger Klimaplan dazu beiträgt, die global beschlossenen Klimaziele zu erreichen, zu denen sich auch der Landtag im Jahr 2020 bekannt hat. Das aktuell gesetzte Ziel „klimaneutral bis spätestens 2045“ allein gibt keine Antwort auf die wirklich klimarelevante Frage: Wie hoch ist die Menge an Emissionen tatsächlich, die in Brandenburg noch ausgestoßen werden? Deshalb fordern wir Sie dazu auf:
Gehen Sie bei der Erarbeitung des Klimaplans mit der Zeit und nutzen Sie ihn, um das Brandenburger Klimaziel ehrlich zu definieren und anschließend in einem Klimaschutzgesetz festzuschreiben: Mit der maximalen Menge an Treibhausgasemissionen – allen voran CO2 – die Brandenburg noch ausstoßen wird.
Hierbei wollen wir Sie gerne unterstützen. Für weitere Gespräche und bei Rückfragen stehen wir Ihnen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Acksel
Ingo Baumstark (Regionalbüro Ost, Fachverband Biogas e.V.)
Sarah Diering (NAJU Brandenburg e.V.)
Petra van Dorsten (Deutscher Verband für Landschaftspflege e.V. (DVL))
Anna Ducksch (Fridays For Future Brandenburg)
Stefan Golla (Scientists for Future)
Sophie Haebel (Energie Forum Potsdam e.V.)
Gerd Hampel (Fachverband Biogas e.V., Regionalgruppe Berlin-Brandenburg)
Jan Hanisch (Bündnis Junge Landwirtschaft)
Filibert Heim (Fridays For Future Brandenburg & JuFoNa)
Friedrich Koch (Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) Brandenburg-Berlin e.V.)
Augustin Köllner (ENERTRAG)
Axel Kruschat (BUND Brandenburg e.V.)
Pauline Pautz (Jugendforum Nachhaltigkeit Brandenburg (JuFoNa))
Barbara Ral (VCD Brandenburg e.V.)
Lars Roskoden (BWE Landesverband Berlin-Brandenburg)
Jana Schelte (Jugendforum Nachhaltigkeit Brandenburg (JuFoNa))
Christiane Schröder (NABU Brandenburg e.V.)
Franziska Sperfeld (BUND Brandenburg e.V.)
Dr. Franziska Tanneberger (Universität Greifswald/Greifswald Moor Centrum)
Frederike Timme (Jugendforum Nachhaltigkeit Brandenburg (JuFoNa)) Hanna von Versen (Ökologischer Jagdverein Brandenburg-Berlin e.V.)
Fritz Viertel (VCD Brandenburg e.V.)
Sarah Weltecke (ENERTRAG)
Christian Wessel (ADFC Brandenburg e.V.)
Michael Wimmer (Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) e.V.)
Anna Wortberg (Jugendforum Nachhaltigkeit Brandenburg (JuFoNa))
Kontakt:
Jana Schelte (jana.schelte@kijubb.de // 0178 939 3535)
Franziska Sperfeld (franziska.sperfeld@bund.net // 0178 1448239)
Unterstützt wird das Anliegen von:
Pietro Altermatt (Scientists for Future)
Andreas Bangert (Biopark Landwirtschaftsbetrieb Paulinenauer Str. 12 in 14641 Pessin)
Andreas Bergmann (Sprecher Landessprecher*innenrat der Landschaftspflegeverbände (LPV) Brandenburg/Berlin)
Prof. Dr. Ralf Bloch (HNEE)
Rudolf Dietmar (Scientists for Future)
Michael Döscher (Scientists for Future)
Anita Elpers (Vorstand Neue Energie Genossenschaft eG)
Katja Geißler (Scientists for Future)
Christoph Gerhards (Scientists for Future)
Silke Hansen (Vorstandsmitglied des Landesjugendring Brandenburg e.V. & Mitglied im Nachhaltigkeitsbeirat Brandenburg)
Dr. Sebastian Helgenberger (IASS Potsdam)
Karl-Martin Hentschel (Scientists for Future)
Rana Hoffmann (Scientists for Future)
Michael Huber (Scientists for Future)
Prof. Dr. Pierre Ibisch (HNEE)
Peter Klefka (Scientists for Future)
Lars Klinkmüller (Scientists for Future)
Anton Kröber (BUNDjugend Brandenburg)
Matthias Kruppa (Scientists for Future)
Prof. Dr. Sven Linow (Scientists for Future)
Prof. Wolfgang Lucht (Scientists for Future)
Günter Mügge (Scientists for Future)
Jens Rasim (Vorsitzender Biopark e.V.)
Prof. Dr. Dr. h.c. Ortwin Renn (Wissenschaftlicher Direktor am IASS Potsdam & Vorsitzender des Nachhaltigkeitsbeirates Brandenburg)
Nancy Schacht (Geschäftsführung Demeter im Osten e.V.)
Thomas Seifert (Scientists for Future)
Prof. Dr. Uta Steinhardt (Vizepräsidentin der HNEE & Mitglied im Nachhaltigkeitsbeirat Brandenburg)
Volker Stelzer (Scientists for Future)
Frank Stieldorf (Vorstandsvorsitzender der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) e.V. & Geschäftsführer der Rheinsberger Preussenquelle GmbH)
Prof. Dr. Manfred Stock (Scientists for Future)
Joerg Tremmel (Scientists for Future)
Matthias Tremmel (Scientists for Future)
Dr. Anne Ulrich (Wiss. Mitarbeiterin für Mensch-Umwelt-Forschung)
Urban Weber (Scientists for Future)
Prof. Dr. Martin Welp (HNEE)
Jana Werner (Biokreis Nord-Ost e.V.)
ADFC Brandenburg e.V.
Arbeitsgemeinschaft Natur und Umweltbildung Brandenburg (ANU) e.V.
Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) Brandenburg-Berlin e.V.
Biokreis Nord-Ost e.V.
Biopark e.V.
BUND Brandenburg e.V.
Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) Landesvertretung Berlin Brandenburg
Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE) Landesverband Berlin/Brandenburg
Bündnis Junge Landwirtschaft e.V.
Bürgerinitiative StadtTeilAuto Potsdam
Demeter im Osten e.V.
Deutscher Verband für Landschaftspflege e.V.
Energie Forum Potsdam e.V.
Evangelische Jugend Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz
Extinction Rebellion Potsdam
Fachverband Biogas e.V., Regionalgruppe Berlin-Brandenburg
Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) e.V.
Fridays For Future Brandenburg
Grüne Liga Brandenburg e.V.
Jugendforum Nachhaltigkeit Brandenburg (JuFoNa)
Klimainitiative Schwielowsee
Kinder- und Jugendparlament Rathenow
NABU Brandenburg e.V.
NAJU Brandenburg e.V.
NaturFreunde Landesverband Brandenburg e.V.
NaturFreunde Jugend Brandenburg
Ökologischer Jagdverein Brandenburg-Berlin e.V.
Parents for Future Brandenburg
Potsdam Zero
Scientists for Future – Fachgruppe Energie
Tschüss Erdgas Potsdam
Umweltclub Wandlitz
VCD Brandenburg e.V.
VENROB e.V.
Villa Fohrde e.V.
Endnoten
i https://mluk.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/ZwBericht-Gutachten-KlimaplanBB_finale%20Fassung.pdf
ii https://www.umweltbundesamt.de/daten/umweltindikatoren/indikator-emission-von-treibhausgasen#wie-ist-die-entwicklung-zu-bewerten
iii Der Weltklimarat hat sich auf CO2 konzentriert. Es heißt aber im Bericht, dass das CO2-Restbudget auch kleiner oder größer sein kann, je nachdem wie sich die Emissionen anderer Treibhausgase wie beispielsweise Methan entwickeln.
iv Seitdem sind bereits 28 Monate vergangen. Bei globalen Emissionen von aktuell 35-36 GT/ Jahr sind das ca. 80-85 GT CO2, die wir bereits verbraucht haben.
v IPCC (2020) AR6 Climate Change 2021: The Physical Science Basis: https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg1/downloads/report/IPCC_AR6_WGI_Full_Report.pdf (SPM, S. 38)
vi Drucksache 7/1420(ND)-B
vii https://mluk.brandenburg.de/mluk/de/ueber-uns/minister/rede-vom-25-06-2021/
Weiterführende Literatur
Globales THG-Restbudget:
- Erste Berechnung eines globalen Restbudgets ab dem 1.1.2018: IPCC (2018) SR1.5: Special Report on Global Warming of 1.5°C. An IPCC Special Report on the impacts of global warming of 1.5°C above pre-industrial levels and related global greenhouse gas emission pathways, in the context of strengthening the global response to the threat of climate change, sustainable development, and efforts to eradicate poverty. (S. 108)
- Zweite Berechnung eines globalen Restbudgets ab dem 1.1.2020: IPCC (2020) AR6 Climate Change 2021: The Physical Science Basis https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg1/downloads/report/IPCC_AR6_WGI_Full_Report.pdf (SPM, S. 38)
Webseite mit Informationen zum THG-Restbudget: https://www.klima-retten.info/Review.html
Deutsche Übersetzung des Pariser Klimaschutzabkommens: https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/paris_abkommen_bf.pdf