Bericht von Adrian Schüler
Am 28.09.2019 besichtigten die Mitglieder der ANW Brandenburg und weitere Interessierte einen Forstbetrieb in Gebersdorf zum Thema „Waldumbau im trockenen Tieflandklima auf mäßig nährstoffversorgten Standorten“. Vielseitige Exkursionspunkte gaben den Teilnehmenden einen tollen Einblick in den Forstbetrieb der Familie Thrun und konnten durch spannende Diskussionen sowie durch den Austausch von Erfahrungen ergänzt werden.
Der 385 ha große Forstbetrieb der Familie Thrun, geleitet durch Stephan Thrun, befindet sich im Landkreis Teltow-Fläming in Brandenburg und liegt nördlich der Stadt Dahme/Mark in Gebersdorf. Das im Gebersdorfer Forst liegende Revier gehört zur Oberförsterei Jüterbog. Gekennzeichnet ist es durch den großen Bestandteil an M2-Standorten, welche durch einige Z2- und K2-Standorte ergänzt werden. Bedingt durch das trockene Tieflandklima und dem planwirtschaftlichen Einfluss der DDR besteht der Forstbetrieb hauptsächlich aus Kiefern-Reinbeständen mit anfänglicher Verjüngung, wobei die besseren Standorte ein gutes Potenzial für die Rotbuche bieten. Die Wildbestände bestehen aus Reh- und Schwarzwild als Standwild sowie Rotwild als Wechselwild.
Stephan Thrun, Waldbesitzer und Funktionsförster der Oberförsterei Jüterbog, betreut nun seit 15 Jahren den Forstbetrieb in Gebersdorf. Von 2004 bis 2016 bewirtschaftete er den Wald im Auftrag der damaligen Eigentümer.
Im Jahr 2016 ging dann das Eigentum an ihn selbst über. Der Tag startete um etwa 10 Uhr mit einer kurzen Begrüßung. Einleitende Worte und allgemeine Informationen über den Wald erwarteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am ersten Exkursionspunkt. In einem Rotbuchen-Bestand, der durch gute Schaftqualitäten der Bäume gekennzeichnet war, erläuterte Stephan Thrun die Entwicklung der Bewirt-schaftung: Aufgrund nicht angepasster Wilddichten und der guten finanziellen Situation der Kaufleute Hofmann-Kaiser wurde der Waldumbau damals mit Zäunen betrieben. Nachdem im Jahr 2007 Sturm Kyrill große Schäden durch Windwurf verursacht hatte, entstanden viele Voranbauten, welche ebenfalls gezäunt wurden. Schon damals sprach Stephan Thrun gegenüber dem Eigentümer seine Bedenken aus, dass eine Zäunung eine sehr teure Variante der Verhinderung von Wildschäden sei und auf Dauer nicht effektiv genug wäre. Ein Umdenken in der Art der Verjüngung fand im Oktober 2013 nach Orkan Christian statt. Viele der vorhandenen Zäune wurden so beschädigt, dass deren Wiederaufbau nicht möglich war. Durch die bereits intensivierte Jagd und den verstärkten Zaunrückbau waren Verjüngungen auch ohne Zaun möglich, wobei jetzt die natürliche Verjüngung der vorhandenen Baumarten mit Ergänzungspflanzung von weiteren Mischbaumarten in geringer Stückzahl Anwendung findet.
Das persönliche Ziel von Familie Thrun, 10 Baumarten natürlich zu verjüngen, bot die Grundlage für den ersten Diskussionsschwerpunkt des Tages: Wie viele Baumarten sollen sich flächig natürlich verjüngen? Sollen fremdländische Baumarten wie zum Beispiel die Esskastanie oder Douglasie im Zuge des Klimawandels und des Waldumbaus in die Bestände eingemischt werden? Ein Teil der Diskutierenden argumentierte, das sich der Waldumbau auf die bestehenden, heimischen Baumarten aufgrund vieler gesammelter Erfahrungen konzentrieren solle (Rotbuche, Traubeneiche, Kiefer, Birke) und sprach sich gegen eine Einbringung fremdländischer Baumarten aus. Andere Teilnehmer waren von der Notwendigkeit der vielfältigen Baumartenmischung überzeugt, d.h. bis hin zu 20, darunter auch nicht-heimische Baumarten, sollen ein Bestandesgefüge bilden, um die Struktur, die Biodiversität und den Handlungsspielraum am Holzmarkt sowie weitere Faktoren zu erhöhen bzw. zu verbessern.
Der darauffolgende Exkursionspunkt hätte kontroverser nicht sein können: An einer Kreuzung, wo eine gepflanzte und gezäunte Verjüngung einem Kiefern-Oberstand mit ebenfalls eingeleiteter Naturverjüngung gegenüberstand, wurden die Vor- und Nachteile zweier Verjüngungsstrategien erörtert. An einem jungen Rotbuchen-Bestand mit Kiefern-Überhalt hielt die Gruppe erneut an und thematisierte die dargestellte Jungdurchforstung. Diese wurde vor einigen Jahren eigenhändig von Stephan Thrun und Mithelfern systematisch durchgeführt. Durch diese Systematik wirkte der Bestand sehr homogen. Stephan kritisierte im Nachhinein sein Vorgehen selbst und konnte somit wertvolle Erfahrungen an die Teilnehmer weitergeben. Die Frage der Kiefern-Überhaltsnutzung wurde unterschiedlich betrachtet. Neben Argumenten, dass der Schirm der Kiefern sich positiv auf den Buchen-Jungbestand auswirke, stellten Teilnehmer den monetären Vorteil der Nutzung eines Teils des Überhalts ohne einen Verlust der Strukturvielfalt und Schutzfunktion dar.
Auf dem Weg zum nächsten Stopp wurden die Teilnehmer durch eine Verjüngungsfläche geführt, welche zum Großteil aus Naturverjüngung von Eiche, Rotbuche, Kiefer, Eberesche und weiteren Baumarten bestand. Erweitert wurde die Verjüngung durch die künstliche Einbringung heimischer sowie fremdländischer Baumarten, darunter auch die Lärche und die Tanne. Infolge gekonnter Lichtsteuerung und angepasster Wildbestände war eine eindrucksvolle Entwicklung der Verjüngung möglich und begeisterte die Teilnehmenden. Am Punkt angekommen zeigte sich ein lichterer Kiefern-Oberstand, welcher einen Verjüngungskegel initiierte. Stephan erklärte, dass er den letzten Block der Bearbeitung an diesem Punkt ausgelassen habe und begründete dies durch notwendigere Eingriffe in Blöcken mit Pflegerückständen. Daraus entwickelte sich eine weitere Diskussion über die blockweise Bearbeitung und der Konsequenz dahinter. Auch hier gingen die Meinungen weit auseinander: Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer befürworteten Stephans Entscheidung über das Verschieben des Eingriffes in wichtigere Bestände. Einige Andere argumentierten, dass eine Verschiebung der Eingriffe zum Vergessen von Bearbeitungsflächen führen könne und durch eine konsequente Bearbeitung die Zufriedenheit über das Geschaffte steigern würde. Passend zum letzten Diskussionspunkt zeigte Stephan den Teilnehmenden im Anschluss eine Fläche mit den oben angesprochenen Pflegerückständen: Ein älterer Kiefern-Bestand, welcher durch eine hohe Stammzahl mit gedrängtem Kronenschlussgrad gekennzeichnet war.
Das eine Verjüngung auch ohne die zusätzliche Einbringung von Pflanzen funktionieren kann, konnte die Gruppe am nächsten Exkursionspunkt sehen. Durch die Intensivierung der Jagd gelang es dem Forstbetrieb, in einem Kiefern-Bestand verschiedenste Baumarten wie zum Beispiel die Kiefer, die Rotbuche, und die Traubeneiche mithilfe der Naturverjüngung zu etablieren. Dies wurde anhand einer nahestehenden Kanzel verdeutlicht und zeigt einmal mehr, dass ein durchdachtes, jagdliches Konzept mit konsequenter und scharfer Bejagung einer der Grundsätze für unseren heutigen Waldbau bzw. Waldumbau darstellt. Nur so können die Kulturen effizient nachhaltig gesichert werden und der Wald kann sich selbst verjüngen. Alte Fotos konnten die Ausgangssituation des Bestandes zeigen: Stephan Thrun wandelte einen typisch einschichtigen, dicht geschlossenen Kiefern-Reinbestand in einen strukturreicheren Kiefern-Bestand um.
Auch der vorletzte Exkursionspunkt visualisierte das Potenzial erfolgreicher Bejagung und waldbaulicher Steuerung: Unter einem Kiefern-Oberstand auf einem Z2-Standort (ziemlich- arm) verjüngte sich die Kiefer selbst, und das sogar ohne vorausgegangene Bodenbearbeitung.
Auf dem Weg zum Mittagessen richteten die Teilnehmenden noch einmal einen Blick auf den letzten Exkursionspunkt: Vor der Gruppe lag ein Mischbestand, in dem kürzlich eine Jungwuchspflege durchgeführt wurde. Bäume mit guter Vitalität und Qualität wurden im Zuge dieser durch eine Vereinzelung gefördert. Zur Veranschaulichung wurden die begünstigten Bäume nachträglich noch einmal mit Forstmarkierband gekennzeichnet. Auch an diesem letzten Punkt scheute sich keiner der Anwesenden um eine Diskussion über die Pflegestärke.
Im Anschluss wurde gemeinsam im Wald am Forstort „Kleisthof“ gespeist, eine ehemalige Außenstelle des Guts Gebersdorf, wo sich früher die Revierförsterei des Gutbesitzers befand. Es entstanden interessante Gespräche und Rekapitulationen über den Tag. Abschließend bedankte sich die Familie Thrun für die Teilnahme und die regen Diskussionen und Stephan nutzte die Gelegenheit, um seiner Familie und anderen Unterstützern für Ratschläge und Zusammenhalt seinen Dank auszusprechen.
Ich möchte mich recht herzlich im Namen der ANW-Brandenburg nochmals bei Familie Thrun für den tollen Einblick in ihren Forstbetrieb, für den Austausch von Erfahrungen und nicht zuletzt für die leckere Verköstigung bedanken und wünsche ihnen alles Gute!
Adrian Schüler