Arbeitstreffen am 12.09.2020 in der Rochauer Heide

von Jürgen Rosemund

Nach der langen „Corona – Pause“ haben sich am 12.09.2020 knapp 50 Mitglieder und Gäste zum ersten Arbeitstreffen diesen Jahres in der Rochauer Heide versammelt. Das Thema war „Ergebnisse des Projekts Zieloriente Jagd, sowie Verjüngung eines Kiefern-/Traubeneichen – Bestandes durch Lichtsteuerung und Jagd“.

Nach einer kurzen Begrüßung durch Vorstandsmitglied Philipp Kunze übernahm der Leiter der Landesoberförsterei Lübben, Jörg Dunger, das Wort, stellte seine Mitarbeiter Peter Kopsch, Revierleiter Neusorgefeld und Gunther Emmrich , verantwortlich für den Bereich Waldbau/Waldschutz in der Oberförsterei vor und umriss kurz das Programm des Tages. Danach ging es mit den Autos ins Revier.

Exkursionsgebiet

Am ersten Exkursionspunkt gab Jörg Dunger eine Einführung in das Exkursionsgebiet. Die Rochauer Heide liegt ca. 100 km südlich von Berlin im Nordostdeutschen Tiefland. Geprägt wurde die Landschaft durch den Vorstoß der Saaleeiszeit (Warthestadium) mit dem Höhepunkt der Vereisung vor ca. 150. – 130.000 Jahren. Der nordöstliche Teil ist eine leicht hügelige Hochebene mit Höhenlagen von 120 bis 150 m über NN, der südwestliche Teil ist flach bis leicht wellig von ca. 120 m über NN. Beim Niederschlag ist der Staueffekt des Höhenzuges zu beobachten. So werden in der Rochauer Heide ca. 100 mm mehr Niederschlag gemessen als in den flacher gelegenen Gebieten des Luckauer Beckens. Der Niederschlag liegt zwischen 570 und 650 mm pro Jahr. Die mittlere Temperatur beträgt 8,3 C.

Die Rochauer Heide gehört zum Wuchsgebiet Düben-Niederlausitzer-Altmoränenland, Wuchsbezirk Lausitzer Grenzwall. Entsprechend der Geländeprofilierung gehört die hügelige Hochebene zum Mosaikbefreich Lebusaer Grenzabschnitt und der flachere Teil zumMosaikbereich Neusorgefelder Sand-Hochebene.

Die vorwiegend natürlichen Waldökosysteme sind die Eichenwaldgesellschaften:

M2       Waldreitgras-Traubeneichenwald
Z2        Blaubeer-Kiefern-Traubeneichenwal

A2       Beerkraut-Kiefernwald

In geringerem Maße: NW2   Sternmieren-Birken-Stieleichenwald

Landeswaldoberförsterei Lübben

Nach dieser allgemeinen Einführung ging Jörg Dunger auf die Situation des Landeswaldes der Oberförsterei Lübben ein. Es werden ca. 15.300 ha Landeswald in 10 Revieren bewirtschaftet. Der Landeswald liegt größtenteils im Spreewald, dann noch in der Lieberoser Heide, Rochauer Heide, Tannenbusch, Groß Mahßow, Gahroer Buchheide.

Hauptbaumart im Oberstand ist mit 73 % die Kiefer, dann Erle 11 %, Birke 4 %, Eiche 5 %. Der Rest verteilt sich Edellaubholz, Buche und übriges Nadelholz.

Der Holzvorrat beträgt i.D. 296 Vfm/ha (250 Efm/ha), der laufende Zuwachs 7,3 Vfm/ha*a (5 Efm/ha*a), die Nutzung rd. 3,4 Efm/ha.

Die Entwicklung in den letzten Jahren geht ganz klar in Richtung eines vertikal und horizontal gemischten Waldes. Mischbestände mit mehreren Baumarten sind auf 43 % der Fläche zu finden, Unter- und Zwischenbestand auf 31 %.

Der Landeswald wird nach den Grundsätzen eines ökologisch orientierten Waldbaus nachhaltig bewirtschaftet. Der Landeswald ist PEFC-zertifiziert.

Waldbau- und Jagdstrategie

Die naturnahe Waldbau- und Jagdstrategie des LFB wird in der Rochauer Heide v.a. seit 2004 beispielgebend und erfolgreich umgesetzt. Binnen weniger Jahre wurden hier auf vielen Hundert Hektar Landeswald einzig und allein durch konsequente Waldpflege und effektive Bejagung (Intervalljagd und Drückjagden) gemischte und übernahmewürdige Naturverjüngugen ohne Kosten etabliert, ausschließlich ohne Zaun. Neben dem Engagement der Mitarbeiter vor Ort war das Projekt ZIORJA (Zielorientierte Jagd) der Schlüssel zum waldbaulichen, wirtschaftlichen und gleichzeitig ökologischen Erfolg. Hier v.a. die verlängerte Jagdzeit auf Rehböcke, so dass diese auf den herbstlichen Drückjagden erlegt werden konnten. Dies hat zu einem deutlichen Anstieg der Rehwildstrecke geführt. Da das Revier immer strukturreicher wird, nimmt die Schwierigkeit der Jagd zu. So nimmt die Bedeutung der Einzeljagd tendenziell ab und die der Bewegungsjagd zu.

Der Verwaltungsbezirk Rochauer Heide (ca. 2.700 ha) war von 2009 bis 2015 Bestandteil des Forschungsprojektes „Zielorietierte Jagd“ der TU Dresden. Untersuchungsgegenstand waren u.a. verkürzte Jagdzeiten und Intervalljagd. Die jährliche Jagdstrecke beträgt ca. 70 Stück Rotwild, 100 Stück Rehwild und 60 Stück Schwarzwild. Muffelwild kommt nur noch selten vor, da es von Wölfen stark dezimiert wurde.

Ganz besonders für Brandenburger Verhältnisse ist die flächige Eichen-Naturverjüngung mit bis zu 5000 Pflanzen pro Hektar bemerkenswert. Besonders auffällig ist das starke Wachstum der „Lichtbaumart Eiche“ selbst im Halbschatten der Kiefern. Vor Ort diskutierten die Anwesenden über den weiteren waldbaulichen Umgang in Bezug auf Lichtsteuerung, Mischung und Nutzung der Kiefern. Die pauschale Festlegung eines „Mindestbestockungsgrades“ wurde als Hindernis beim Aufbau einer stufigen Bestandesstruktur benannt.

Auerhuhn – Projekt

Jörg Dunger ging auch kurz auf das Auerhuhn-Projekt ein, da die Rochauer Heide Teil des „Auerhuhn-Entwicklungsraumes“ in der westlichen Niederlausitz ist. Die folgenden Daten habe ich verschiedenen schriftlichen Berichten entnommen.

Der „Auerhuhn-Entwicklungsraum“ in der westlichen Niederlausitz umfasst 6 Teilgebiete mit insgesamt 16.036 ha. Die Rochauer Heide ist mit 3.105 ha ein Teil dieses Raumes. Vor Beginn der Wiederansiedlung wurden großflächig Maßnahmen zur Aufwertung des Lebensraumes für Auerhühner durchgeführt. Vor allem in den landeseigenen Wäldern (ca. 10.700 ha) und den Wäldern der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (ca. 4.800 ha).

Vom Mai 2012 bis Juli 2019 wurden insgesamt 337 Auerhühner (56 Hähne, 281 Hennen) ausgesetzt. Davon waren 294 Auerhühner (32 Hähne, 262 Hennen) Wildfänge aus Schweden und 43 (24 Hähne, 17 Hennen) aus naturnaher Aufzucht.

In der Rochauer Heide wurden 13 Hähne und 68 Hennen ausgewildert.

Ein Teil der ausgesetzen Tiere erhielten Datenlogger bzw. Sender, um die Raumnutzung der Tiere zu erfahren. Dabei wurde festgetellt, dass die Auerhühner überwiegend sehr standorttreu sind. Es gab nur einzelne Suchflüge von Hennen, die aber in der Regel wieder an ihren alten Standort zurückkamen.

Über Erfolg oder Mißerfolg einer solchen Wiederansiedlung entscheiden hauptsächlich Reproduktion und Mortalität. Leider habe ich da nur wenige Daten gefunden. Zur Reproduktion habe ich keine Daten gefunden, da die Küken im Beerkraut kaum sichtbar sind und natürlich auch keine Peilsender tragen.

Zur Mortalität habe ich Daten aus den Jahren 2012 bis 2016 gefunden. In dieser Zeit wurden 141 Auerhühner aus Schweden, 36 aus naturnaher Aufzucht und 5 aus einem Gehege ausgesetzt. Die Aussetzung der Gehegevögel war kein Erfolg, drei wurden in der ersten Woche Opfer des Rotfuchses, die anderen beiden waren nicht mehr auffindbar.

Bei den 177 Auerhühnern (141 aus Schweden, 36 Aufzucht) wurden 46 (8 Hähne, 38 Hennen) tot gefunden. Interessant finde ich, dass nur 4 dieser Totfunde dem Rotfuchs und vier dem Habicht zugeordnet wurden, obwohl diese beiden Prädatoren eigentlich immer zuerst im Fokus stehen. Die mit 7 höchste Anzahl der Totfunde geht auf „translokationsbedingte Schwächung“, also eine Folge der Umsiedlung zurück. Der Rest verteilt sich auf Hunde (3), Glasscheiben, Sendemasten, Freileitungen und unbekannt.

Bei diesen Zahlen muss man ntürlich bedenken, dass viele toten Individuen nicht gefunden werden können, insbesondere gilt dies für die unbesenderten Jungvögel.

Ich denke aber, dass nach diesen Daten für den Erfolg der Wiederansiedlung ein vorsichtiger Optimismus angebracht ist und hoffe, dass er sich einstellt.

Zukünftiger Waldbau

Angestrebt werden generell strukturreiche, vertikal und horizontal gemischte Wälder aus Traubeneiche und Kiefer mit jeweils mindestens 30 % Flächenanteil. Die Hauptbaumarten sollen sich ohne Zaunschutz auf natürlichem Wege verjüngen.

In den folgenden Exkursionspunkten konnten wir diese Ausführungen in der Praxis ansehen und uns überzeugen, dass das anspruchsvolle Vorhaben auf einem sehr guten Wege ist.

Zum Schluß möchte ich mich bei Jörg Dunger, Peter Kopsch für die Führung und die eindrucksvollen Erklärungen, sowie bei unserem Mitglied Gunther Emmrich für die Organisation vor Ort herzlich bedanken.

Wernigerode, den 08.10.2020
Jürgen Rosemund