Arbeitstreffen Stadtwald Eberswalde

Sturm „Xavier“ über dem Stadtforst Eberswalde

Vor fast genau einem Jahr zog der Sturm „Xavier“ über den Stadtforst Eberswalde, richtete großen Schaden an und verhinderte unser damals geplantes Arbeitstreffen. So trafen sich nun am 06.10.2018 fast 30 Mitglieder und Gäste der ANW beim Waldcampus der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE), um unter der Führung von Stadtförster Mattes Krüger ins naheligende erste „Sturmloch“ zu wandern.

Zuerst gab uns Mattes Krüger einen allgemeinen Überblick des Stadtforstes. Er hat eine Gesamtfläche von 1.476 ha, ist aber in viele Einzelflächen geteilt, einige liegen mitten in der Stadt. Daher ist die Waldbewirtschaftung sehr schwierig, da sie immer unter den aufmerksamen und oft kritischen Augen der Bevölkerung geschieht. Ein Stadtförster ist da vielfältigen Wünschen  ausgesetzt und es ist fast unmöglich, jedem Wunsch gerecht zu werden.  Hinzu kommen in Eberswalde die Wünsche und Anspüche der HNEE mit ihrem großen forstlichen Bereich. So ist er eben nicht nur Förster, sondern auch Informator, Kommunikator und Organisator der verschiedenen Ansprüche.

Besonders deutlich werden diese Ansprüche natürlich bei solchen Sturmschaden mit vielen umgerissenen Bäumen und der damit verbundenen Vollsperrung der betroffenen Waldgebiete. Manche Bürger wollen leider nicht verstehen, dass hier akute Lebensgefahr besteht.

Nach der Einführung wanderte Mattes Krüger mit uns zur nahegelegenen ersten „kahlgeblasenen“ Waldfläche. Dort erklärte er uns die unmittelbar nach dem Sturm ergriffenen Maßnahmen zur Sicherung der Flächen und der möglichen Nutzung der geworfenen Bäume. Er konnte eindrücklich darlegen, wie schnell und gut organisiert die Aufarbeitung vonstatten ging. Besonders erfreulich ist, dass es weder bei Waldbesuchern noch bei den Waldarbeitern einen Unfall gab. Solches Sturmholz ist wegen unsichtbaren Spannungen und Verwerfungen sehr gefährlich zu bearbeiten.

Bei lebhaften Diskussionen ging es um die Frage der weiteren waldbaulichen Bewirtschaftung dieser Windwurflächen, wobei auch ein Teil der Flächen aus der Nutzung genommen werden soll.

Hier kommt der Bericht von Mattes Krüger über die einzelnen Maßnahmen:

Wir haben die Flächen unterschiedlich behandelt:

A) Wir haben 2 Teilflächen komplett geräumt (der Schlagabraum verblieb an den Wurzeltellern auf der Fläche). Je nach verbleibendem Bestockungsgrad wurden diese mit Traubeneiche, Berg- und Spitzahorn, Vogelkirsche, Winterlinde, Elsbeere, Speierling und Esskastanie bepflanzt. Auf eine Zäunung haben wir bis dato verzichtet aber je Baumart ein Weisergatter angelegt. Eine wissenschaftliche Betreuung der Flächen und das Verbissmonitoring erfolgt durch die HNE Eberswalde. Im unteren Bereich des Hanges, dort wo der Bestockungsgrad noch größer 0,3 ist haben wir auf eine Bepflanzung verzichtet, da dort eine Vorausverjüngung (Naturverjüngung) von Buche, Spitzahorn, Bergahorn vorhanden (5 bis 15 Jahre) ist oder sich natürlich einstellen wird.  Die Verteilung von Naturverjüngung zu künstlicher Verjüngung beläuft sich auf der Fläche auf ca. 50 zu 50. Der Erhalt von Habitatbäumen (liegend/stehend) und stehendem Totholz (Kronenbruch)wurde angestrebt und wo möglich auch umgesetzt. Zusätzliche oder vorsorgliche Fällarbeiten wurden nicht durchgeführt. Bäume die im Nachgang umgefallen sind, wurden auf den Flächen belassen. Auch ist es uns gelungen, das 40-Meter-Gassensystem wo vorhanden einzuhalten.Nach dem ersten Schock haben wir die Freifläche als Chance gesehen, Lichtbaumarten zu etablieren. Der Ausgangsbestand war einen Buchen-, Traubeneichenmischbestand mit der Tendenz zum Buchenreinbestand. Es muss noch erwähnt werden, dass sich derBestand im stark frequentierten Erholgswald befindet und die komplette Beräumung auch als Teil der Verkehrssicherung verstanden werden muss.

B) Auf eine Nutzung von Einzelwürfen wurde verzichtet, sie dienen der ökologischen Auffwertung der Bestände.

C) Auf kleineren Flächen bis 1 Hektar wurde überwiegend nur das wertvolle Holz genutzt, die Kronen verblieben auf der Fläche, es wird auf eine natürliche Verjügung gesetzt.

D) Auf Nassstandorten oder organischen Böden fand keine Beräumung, aus Gründen des Bodenschutzes und der ökologischen Aufwertung der Bestände, statt. Zum Teil waren diese Bestände durch das Eschentriebsterben vorgeschädigt und der Sturm war nur derentgültige „Bestatter“.

E) Im Bereich der „Höllen“, einem ökologisch wertvollen Waldgebiet, haben wir eine Windwurffläche (ca. 1 Hektar) überhaupt nicht beräumt. Sie dient uns als Referenzfläche und das liegende Totholz der ökologischen Aufwertung des Bestandes. Eine reguläreBewirtschaftung der Fläche fand bereits im Vorfeld des Sturmereignisses nicht mehr statt.

Alles in allem haben wir die Flächen, je nach Lage und Aussgangssituation einzeln betrachtet und unterschiedlich behandelt.

Die Wald-Wild-Situation haben wir in der eigenen Hand, da wir über einen Eigenjagdbezirk verfügen. Unsere Waldflächen sind, wie bereits angesprochen, mitunter stark frequentiert, besonders in den Bereichen in denen wir gepflanzt haben.

Die Pflanzungen auf der „Freifläche“ wurden mit Hilfe von Fördermitteln des Landes Brandenburg bewältigt.

Nach einem Vesper im Wald fuhren wir quer durch die Stadt Eberswalde in die „Hölle“. Die „Hölle“ ist ein schönet, artenreicher Wald, liegt nahe bei einem Wohngebiet und ist somit besonders stark von Spaziergängern frequentiert. Auch in diesem Waldteil hat es einen erheblichen Windwurf gegeben. Insgesamt wurden im Stadtwald Eberswalde 30 ha Wald vom Sturm „Xavier“ geworfen.

Die Wetterprognosen sagen voraus, dass es solche Stürme immer öfter geben wird. Also sollten sich alle Forstbetriebsleiter entsprechend vorbereiten, Ebenso sollte es Teil der forstlichen Ausbildung sein.

Ein möglichst naturgemäßer Mischwald ist natürlich die beste Prävention gegenüber möglichen Schäden.

Berlin, den 11.01.2019
Jürgen Rosemund
Mattes Krüger