Arbeitstreffen bei Andreas Pommer im Revier Eibenstock, Sachsen
Das erste Arbeitstreffen 2024 der ANW Landesgruppe Brandenburg-Berlin fand am 13. und 14. Juli im Revier Eibenstock beim leitenden Revierförster Andreas Pommer statt. Die bunt gemischte Gruppe wurde zur Mittagszeit vom Gastgeber begrüßt und in das seit über 20 Jahren naturgemäß bewirtschaftete Exkursionsgebiet eingeführt. Dabei erfuhren wir, dass es in der Vergangenheit zu einer starken Stammholzentwertung durch intensive Rotwildschäle und Zuwachseinbußen durch saure Einträge aus der Kohleindustrie gekommen war. Umso beeindruckender ist die Aufwertung die das Waldbiotop in den letzten zwei Jahrzehnten durch eine konsequente Bejagungsstrategie und weitere Maßnahmen der Biotopverbesserung erfahren hat. Dazu zählt u.a. eine Waldinnenrandgestaltung mit seltenen heimischen Baum- und Straucharten, welche als Initiale für die Verbreitung in die anliegenden Waldbestände dienen. Zusätzlich sind Insektenhotels, als Ersatz für dickes Totholz im Waldinnenrand inkludiert. Außerdem fördern Amphibienteiche die Artenvielfalt im Wald, wobei die Bezeichnung irreführend ist, da sie zu über 70 % von wasserliebenden Insekten beherbergt werden.
Blühende Waldinnenränder dank großzügiger Gestaltung
der Lichtraumprofile entlang der Wege, rechts im Bild ein Insektenhotel
Darüber hinaus konnte die Gruppe durch die Besichtigung eines vor kurzem durchgeführten Holzeinschlags die Entwicklung eines strukturierten Dauerwalds mithilfe der freien Durchforstung begutachten. Dieses Durchforstungsprinzip vereinigt Elemente der Hoch- und
Niederdurchforstung sowie der Positiv- und Negativ-Auslese. Als Ergebnis überzeugte die bereits erkennbare plenterwaldartige Waldstruktur mit Bäumen verschiedenster Dimensionen nebeneinander und abwechselnder dunkler und lichter Bereiche im Bestand! Gegen Abend durfte die Gruppe bei selbstgegrillten Wildburgern und wildbachgekühlten Getränken den Exkursionstag ausklingen lassen, wobei der Austausch über Gesehenes besonders gut mundete.
Abendliches Beisammensein an der Pommer-Hütte
Am zweiten Exkursionstag konnte sich die Gruppe vom hohem Auflauferfolg einer Weißtannen Saat mit vorheriger Bearbeitung durch ein Pferd geführtes Rillensaatgerät überzeugen lassen. Zusätzlich wurden die Vorteile einer Saat gegenüber einer Pflanzung mithilfe erfolgreicher Häher-Eichen und selbstdurchgeführter Laubstreusaaten verdeutlicht, sodass ersichtlich wurde, wie vielfältig die Möglichkeiten einer Mischwaldinitialisierung sein können.
Es folgte eine Sturmflächenbegutachtung, die nach über zehn Jahren ohne Pflege immer noch bis zwölf Baumarten pro Hektar aufwies. Diese Beobachtung stellte die Jungwuchspflege als ökonomische Investition für Forstbetriebe in einem neuen Licht dar. Das Exkursionsrevier verabschiedete sich mit eindrücklichen Waldbildern des historischen Waldortes „Riedert“, indem sich noch Relikte des natürlich vorkommenden Bergmischwalds befinden. Der in ganz Sachsen bekannte Waldbestand wies nicht nur besonders seltene Pilzarten, sondern auch die letzten elf verbliebenden Alttannen des Reviers auf. Allerdings wird die Anpassungsfähigkeit des Bergmischwaldes durch aktuelle Klimaprognosen in Frage gestellt, da für das Jahr 2050 Eichenmischwälder als zukünftige dominierende Waldgemeinschaft angenommen werden müssen.
Als Schlussakkord erklang die Musik der Realität, denn die Exkursionsteilnehmer wurden mit ganz anderen Waldbildern bei einem Besuch der angrenzenden tschechischen Fichtenmonobestände auf ähnlichen Standorten konfrontiert. So konnten die die Unterschiede verschiedener Waldbaukonzepte realitätsnah verdeutlicht werden.
Revierleiter Andreas Pommer in üppiger Weißtannenverjüngung aus Saat
„Ich weiß, es geht nicht überall. Nur dort, wo man es versucht“
Andreas Pommer
Wir danken Andreas Pommer für die eindrückliche Reviervorstellung, die sowohl reich an qualifiziertem Forstfachwissen als auch an wertvollem Wissensaustausch war. Während des Revierbegangs wurde verdeutlicht, wie vielfältig die Ansätze für eine Weiterentwicklung und Strukturierung devastierter Waldbestände sind und welche Ergebnisse bei konsequenter Umsetzung erzielt werden können.
Text: Carl-Alfred Schmidt (Eberswalde, Juli 2024)
Fotos: Philipp Kunze